Seit 2019 arbeiten Agrobusiness Niederrhein aus Straelen, Brightlands Campus Greenport Venlo und die Gemeinde Venray (NL) im Rahmen des deutsch-niederländischen INTERREG-Projekts „Wachstum und Entfaltung zur grenzüberschreitenden Agropole“ zusammen. Innerhalb dieses Projekts bekamen sechs deutsch-niederländische Kooperationen aus der Region sogenannte INTERREG-Innovationsgutscheine mit einer Förderung von 10.000 Euro. Am 17. März findet in der Villa Flora in Venlo das „Zukunfts.Symposium Agropole“ statt, bei dem alle Teilnehmenden abstimmen dürfen, welches der sechs Innovationsprojekte den „Agropole Innovation Award“ gewinnt. Die sechs geförderten Innovationsprojekte werden nachfolgend vorgestellt.

Untersuchung neuer Mittel und Methoden zur Unkrautbekämpfung in Baumschulen

Den ersten Innovationgutschein erhielten Compas-Agro aus Venlo und Pflanzen Janssen aus Kempen. Die beiden Unternehmen konzentrierten sich auf die Zielgruppe der Baumschulen. Wie Landwirtschaft und Gartenbau stehen auch Baumschulen zunehmend vor der Herausforderung, neue und alternative Methoden und/oder Produkte zum Pflanzenschutz einzusetzen, da viele bisherigen Produkte in naher Zukunft ihre Zulassung verlieren und vom Markt verschwinden. Bisher wurden beispielsweise auch Mittel zur Unkrautbekämpfung eingesetzt, die den Wirkstoff Glyphosat enthalten. Die beiden Partner untersuchten, ob Pelargonsäure eine wirksame und rentable Alternative darstellen kann. Pelargonsäure ist eine Fettsäure pflanzlichen Ursprungs. Die Versuchsergebnisse zeigten, dass die Säure zwar gleichermaßen wirksam sein kann, die benötige Menge jedoch zum jetzigen Zeitpunkt noch so teuer ist, dass eine Anwendung wie im Versuch nicht rentabel für Unternehmen ist. Dennoch hat die Forschung neues Wissen und neue Erfahrung geschaffen, die Basis für weitere Untersuchungen sein werden und dazu dienen, eine Lösung zu finden.

Henri Nelissen (Pflanzen Janssen), Hans Pijpers und Dirand van Wijk (beide Compas-Agro) untersuchten neue Methoden zur Unkrautbekämpfungin Baumschulen (Foto: Compas-Agro)

Verbesserte Tiergesundheit und mehr Transparenz entlang der Wertschöpfungskette

Das Unternehmen Piglets Treatment System aus Leunen und die Tierarztapotheke Lintjeshof aus Straelen haben gemeinsam an der Weiterentwicklung eines Gerätes namens „Health Injector“ gearbeitet. Ein Teil der Apparatur ist ähnlich wie eine herkömmliche Spritze zur Behandlung von Ferkeln. Am hinteren Ende ist eine Halterung für das Medikament, vorne befindet sich eine Nadel und dazwischen ist ein kleiner Raum, in dem die passende Dosis für das nächste Tier aufgezogen wird. Das Besondere an dem Gerät: anhand der Ohrmarken der Tiere erkennt es, ob und mit welchem Medikament und welcher Dosis das jeweilige Tier behandelt werden soll. Das hat den Vorteil, dass keine Fehler bei der Behandlung und Dosierung passieren können. Außerdem werden alle Behandlungen automatisch erfasst und dokumentiert. Das kann nicht nur die Arbeit für den Landwirt erleichtern. Denkbar wäre, dass diese Daten zukünftig auch dazu dienen, den Abnehmern der Tiere und den Endverbraucherinnen und -verbrauchern Auskunft zu erteilen, ob, wann und womit ein Tier im Laufe seines Lebens behandelt wurde. Auf diese Weise kann es die Transparenz entlang der Wertschöpfungskette erhöhen.

Simone de la Motte (l.) und Niels Visschers (2.v.r.) aus dem Agropole-Team ließen sich im Sommer 2021 den Health Injector zeigen (Foto: Agrobusiness Niederrhein)

Weiterentwicklung einer Pflückhilfe für die Blaubeerernte

Die Produktivität in Landwirtschaft und Gartenbau konnte seit den 60er Jahren dank Mechanisierung und zuletzt starker Digitalisierung und Automatisierung gesteigert werden. Nichtsdestotrotz steckt hinter vielen Produkten aus Landwirtschaft und Gartenbau auch weiterhin viel körperliche Arbeit. In der deutsch-niederländischen Grenzregion gibt es einige Blaubeerproduzenten, die dies noch erleben. Um die Arbeitsbedingungen der Erntehelfer zu verbessern und den Ernteprozess zu optimieren, haben Schrijnwerkers Blueberries aus Horst, Magoley aus Kevelaer sowie Blueberry Giant aus Weeze gemeinsam an einer Verbesserung einer bereits bestehenden Pflückhilfe gearbeitet. Das optimierte Gerät reduziert die körperliche Belastung und erhöht die Pflückleistung pro Mitarbeiterin bzw. Mitarbeiter. Auf diese Weise erhöhen die Blaubeerproduzenten ihre Wettbewerbsfähigkeit. Zwar dominieren weiterhin große Betriebe aus Osteuropa den Markt, die insgesamt preisgünstiger produzieren können (u.a. aufgrund größere Betriebe und geringerer Lohnkosten). Dennoch stellt die Optimierung dieser Pflückhilfe einen großen Erfolg für die regionalen Blaubeerproduzenten in der deutsch-niederländischen Grenzregion dar. Die Firma, die das Ausgangsmodell dieser Pflückhilfe entwickelt hatte, wird die von den drei Unternehmen erarbeiteten Verbesserungsvorschläge auf ihr Model übertragen und auf allgemeine Funktionalität und Sicherheit prüfen, sodass diese Innovation bestenfalls auch anderen Betrieben zur Verfügung gestellt werden wird.

Drei Blaubeerproduzenten aus der deutsch-niederländischen Grenzregion forschten an Verbesserungen einer Pflückhilfe (Foto: Agrobusiness Niederrhein)

Automatische Messung des Baumstammumfangs erhöht Wirtschaftlichkeit von Baumschulen

In einem vierten Innovationsprojekt ging es erneut um die Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit von Baumschulen. Die drei Unternehmen AgroWizard aus Venlo, Baumschule Fleuren mit Standorten in Baarlo und Straelen sowie Baumschule Wilhelm Ley aus Meckenheim stellten folgendes fest: Es gibt einen klaren Zusammenhang zwischen Stammdicke und Marktwert von Bäumen. Beobachtet man regelmäßig das Wachstum der Bäume, kann man auf Unregelmäßigkeiten reagieren und den bestmöglichen Zeitpunkt zum Verkauf besser bestimmen. Das Erfassen dieser Daten ist bisher jedoch mit hohem Personaleinsatz verbunden und wird daher oft vernachlässigt – zum Nachteil der Profitabilität der Betriebe. AgroWizard hat ein „Stammdickemessgerät“ entwickelt, das im Rahmen des Gutscheinprojekts von den drei genannten Partnern gemeinsam weiterentwickelt und in der Praxis getestet wurde.

AgroWizard hat ein Stammdickemessgerät entwickelt, das im Rahmen des Innovationsprojekts zusammen mit deutschen Partnern weiterentwickelt und getestet wird (Foto: AgroWizard)

Schutzkulturen zur verlängerten Haltbarkeit von Schnittsalaten

Ein Großteil der Produkte aus dem Agrobusiness ist durch eine schnelle Verderblichkeit und somit schlechte Lagerfähigkeit gekennzeichnet, so auch Salate. Dies hat zur Folge, dass Lager- und Kühlkapazitäten nicht immer optimal ausgenutzt werden können. Die außerdem hohen Anforderungen an Lebensmittelsicherheit bewirken, dass Verluste durch verdorbene oder vorsichtshalber aussortierte Ware nicht vollständig vermieden werden können. Die Firma Hessing Supervers aus Belfeld wäscht, schneidet und verpackt Salate, Gemüse und Obst für den Einzelhandel und die Systemgastronomie. Um ihre Logistik zu optimieren und Lebensmittelabfälle bei sich und bei Kunden zu reduzieren, ist bereits eine geringfügige Verlängerung der Haltbarkeit von Schnittsalaten von großer Bedeutung. Gemeinsam mit der Firma M FOOD GROUP aus Steinfeld-Mühlen forscht Hessing im Rahmen einer der Innovationsgutscheine zu diesem Zweck am Einsatz verschiedener Schutzkulturen.

Kathrin Poetschki (2.v.l.) und Niels Visschers (r.) vom Agropole-Team besuchten im Herbst 2021 die Projektpartner Hessing und M FOOD (Foto: Agrobusiness Niederrhein)

Datenbasierte Empfehlungen zur Sattelanpassung verbessern Tierwohl von Reitpferden

Wer sich für Pferde und Reitsport interessiert, weiß, dass ein Sattel nicht auf jedem Pferderücken gleich gut sitzt. Im Gegenteil – Ein schlecht sitzender Sattel kann gravierende Folgen für die Gesundheit des Tieres haben. Die deutsch-niederländische Grenzregion ist eine Hochburg für Pferdehaltung und Reitsport. Hier hängt das Tierwohl vieler Reitponys und -pferde davon ab, ob ihre Besitzerinnen und Besitzer ein glückliches Händchen bei der Wahl des Sattels haben. Zwar gibt es Expertinnen und Experten, die hierzu beraten können, doch längst nicht bei jedem Sattelkauf werden Expertise und Erfahrungen zurate gezogen, und auch mit Beratung kann eine falsche Entscheidung getroffen werden. Letztendlich beruht die Expertise in der Regel auf „nur“ subjektiven Erfahrungen und Einschätzungen. Die beiden Unternehmen EquInnoLab aus Weert und die Sattelmanufaktur Stübben aus Kempen haben einen Innovationsgutschein genutzt, um ausführlicher zu recherchieren, wie objektivere Daten als Entscheidungsgrundlage erfasst und nutzbar gemacht werden können. Ziel ist es, Krankheiten und Fehlstellungen der Tiere durch unpassende Sättel zu verhindern, indem Daten von Sensoren und Videoaufnahmen analysiert werden.

EquInnoLab und Stübben untersuchten, wie objektive Daten in die Empfehlung und Beratung rund um den richtigen Sattel einfließen können (Foto: EquInnoLab)