Innovationsvoucher für gesundes Bauen

Gesundes Bauen ist in Zeiten der Corona-Krise ein viel diskutiertes Thema. Das zeigt auch die Zahl von über 20 Anträgen für die Innovationsvoucher zur Förderung nachhaltigen Bauens. Dass dies auch wirtschaftlich sein kann, zeigt sich am Beispiel des Neubaus des neuen Kreisarchivs in Viersen, der Ende Juni 2021 realisiert werden soll. Lesen Sie hier das Interview mit Anastasia Araktsidou, Projektmanagerin dieses INTERREG-Projekts.


Was ist das Healthy Building Network, wie funktioniert es und wer finanziert es?

Das Healthy Building Network (HBN) ist ein Innovationsnetzwerk und eine Wissensplattform, bei der sich alles um die Themen gesundes Bauen und Renovieren dreht. Dieses INTERREG-Projekt hat sich zum Ziel gesetzt, das Bewusstsein für diese Aspekte zu schärfen, Unternehmen dafür zu begeistern und bereits vorhandenes Wissen zugänglich zu machen. Stichpunkte in diesem Kontext sind: Kreislaufwirtschaft, intelligenter Einsatz nachhaltiger Materialien sowie Energieeffizienz.


Es ist ein Innovationsnetzwerk und eine Wissensplattform, die auf gesundes Bauen und Renovieren spezialisiert ist. Das Projekt hat es sich zum Ziel gesetzt, das Bewusstsein für gesundes Bauen und Renovieren zu schärfen, Unternehmen dafür zu begeistern und das bereits vorhandene Wissen im Hinblick auf Kreislaufwirtschaft, intelligenten Einsatz nachhaltiger Materialien und Energieeffizienz zugänglich zu machen.


Das Healthy Building Network bietet auch Innovationsgutscheine für verschiedene Dienstleistungen an, die Unternehmen auf dem Weg zu einem gesunden Gebäude helfen. Mit diesem Gutschein können Unternehmen Dienstleistungen bei anderen Unternehmen oder Forschungs- und Bildungseinrichtungen einkaufen. Er kann beispielsweise für eine Machbarkeitsstudie oder für ein Projekt zur Entwicklung gesunder Materialien genutzt werden. Damit trägt das grenzüberschreitende Netzwerk dazu bei, eine Modellregion zu entwickeln, in der neueste Technologien anschaulich und erlebbar werden. Denn gesunde Gebäude sind eine gute Visitenkarte für das Unternehmen!


Das HBN wird im Rahmen des INTERREG V-A-Programms von der Europäischen Union, der Provinz Limburg, dem Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen und den Projektpartnern finanziert. Mehr auf https://healthybuildingnetwork.com/de/ 


Wie läuft es mit den Innovationsvouchern? Wie viele KMU machen bereits mit?

Uns haben in den vergangenen Monaten viele gute und innovative Ideen erreicht. Zum aktuellen Zeitpunkt liegen uns mehr als 20 Anträge vor, die wir voraussichtlich in den kommenden Wochen bewilligen können. Hierfür sind wir noch auf der Suche nach produzierenden Unternehmen und Dienstleistern, die die Antragssteller im Rahmen eines vergüteten Auftrages unterstützen können. Wir freuen uns auf Rückmeldungen innovativer Unternehmen, um gemeinsam herauszufinden, ob sie der richtige Partner für eines der Projekte sein könnten.


Mit dem Neubau des Kreisarchivs in Viersen entsteht auch auf deutscher Seite unserer euregio gerade ein Pilotprojekt. Wie ist hier der aktuelle Stand?

Beim Neubau des Kreisarchivs handelt es um ein Leuchtturmprojekt des Kreises, wenn es um gesundes und nachhaltiges Bauen geht. Aktuell verläuft der Bau nach Plan, die Erdarbeiten wurden bereits abgeschlossen, mit den Betonarbeiten wurde im März begonnen. Die Bodenplatte soll Mitte Mai fertiggestellt werden. Der Grundstein soll im Juli 2020 gelegt werden – ob sich Verzögerungen durch die Corona-Krise ergeben, ist offen. Geplant ist die Fertigstellung aber weiterhin für Ende Juni 2021.


Das Gebäude ist nicht nur wegen seiner ressourcenschonenden Bauweise nachhaltig, sondern auch durch seine energiesparende Konzeption. Für die Wärme- und Kältegewinnung werden bei der Nutzung keine fossilen Energieträger verwendet. Außerdem wird es keinen Gasanschluss an das neue Gebäude geben.


Das Gebäude wird mit umweltschonenden Technologien ausgestattet, zum Beispiel mit Sonnenkollektoren und Photovoltaik-Anlagen auf dem Dach in Verbindung mit einer Wärmepumpe. Landrat Dr. Andreas Coenen sagt dazu: „Wir bauen landesweit das erste Gebäude, das konsequent die Prinzipien der zirkulären Wertschöpfung umsetzt. Wir zeigen damit, dass nachhaltiges Bauen wirtschaftlich ist.“


Sie schreiben auf Ihrer Webseite, dass gesunde Gebäude gerade in Zeiten von Corona relevant sind. Inwieweit macht sich das gerade seitens der Unternehmen bemerkbar? Wie bekommt man gerade jetzt Aufmerksamkeit für dieses Thema?

Wir merken deutlich, dass das Thema Gesundheit verstärkt in den Blickpunkt des Interesses rückt. Zwar ist es an manchen Stellen momentan etwas ruhiger, allerdings werden die Anfragen dafür konkreter. Wo zu Beginn noch recht allgemeine Fragen zu dem Thema gesundes und nachhaltiges Bauen gestellt wurden, werden die Anfragen nun fokussierter; das „wie“ rückt in den Fokus. So erreichen uns oft Fragen, wie in Gebäuden auf eine gesunde Art und Weise gearbeitet werden kann. Dazu bedarf es allerdings einer Kombination aus baulichen Maßnahmen auf der einen und verhaltensrelevanten Aktionen auf der anderen Seite. Aufgrund der aktuellen Situation sind Unternehmen eher bereit, neue Wege zu gehen und werden deutlich kreativer – die anfänglichen Unsicherheiten dem Thema gegenüber legen sich. Und genau das bietet den Nährboden für Innovationen und neue Ansätze, welche das gesunde Bauen nach sich zieht. Auch wir als Projektpartner haben nun an der ein oder anderen Stelle etwas mehr Zeit und können diese verstärkt für persönliche Gespräche mit Unternehmensvertretern nutzen.  


Oft heißt es ja, gesundes Bauen sei teuer. Stimmt das?

Nein, das stimmt nicht. Wir sehen in unseren Projekten, dass gesunde und zirkuläre Gebäude maximal um 5 Prozent teurer als konventionelle Bauten sind und das auch nur hinsichtlich der Investitionskosten. Betrachtet man dazu noch die Betriebs- und Wartungskosten, die über die Nutzungsdauer eines solchen Gebäudes anfallen und die Tatsache, dass ihre Nutzer den aktuellen Erkenntnissen nach produktiver und weniger krank sind, dann überwiegen die wirtschaftlichen Vorteile um ein Weites. Das untermauern auch unsere Business Cases, die wir einmal für das Stadskantoor Venlo konkret und einmal für ein gesundes Gebäude im Allgemeinen erarbeitet haben.


Stadskantoor Venlo, Ton Desar